Ja - so kann es also gewesen sein. Aus der Gegend der Grafschaft VIANDEN zogen Familien Richtung Südost-Europa / Ungarn / Siebenbürgen. Sie siedelten hier und da auf dem Weg dorthin - blieben vielleicht in Nachbarschaftsgruppen und heimischen Familienverbänden zusammen. Verschiedene Familien können so aus dem moselfränkischen Raum als VIANT's namentlich bezeichnet worden sein oder haben sich einen solchen Namen gewählt (und auch in all den vielfältigen Varianten) = nämlich als die, die aus der Grafschaft VIANDEN kommen .... - sie wählten als Familiennamen den Ortsnamen, ein "Toponym" ...
Längs des Gesamtweges, den Herr Dr. Schuster aus Luxemburg nach Hermannstadt per Fahrrad zurückgelegt hat, wohnten zu unterschiedlichen Zeiten (z.T. auch noch heute) auch immer VIANT-Familien ...
__________________________________
Zitat:
"Zur Entwicklung der Familiennamen kann festgestellt werden, daß sie öfters durch Ortsnamen verdrängt wurden, so daß wir heute kaum einen Ort des Trierer Raumes unter den Familiennamen vermissen..."
aus: Archiv für Sippenforschung, Heft 105 53. Jahrgang Februar 1987: Trierer Geburtsbriefe 1548—1796, Neue Folge Nr. 346-458 im Anschluß an Heft 67 (1977) - Von Eduard L i c h t e r , Eugenstraße 27, 5500 Trier
und noch ein Zitat zum luxemburgischen Ortsnamen "Marnach":
"Gab die erste Familie, die sich dort niederließ, dem Ort ihren eigenen Namen? (Vergl. Echternach als Gründung des Epternus)
Wahrscheinlich war es umgekehrt: es nannten sich Personen, die von Marnach aus in die Welt zogen, nach ihrem Heimatort, sie wählten als Familiennamen einen "Ortsnamen, ein Toponym".
... In Luxemburg gibt es heute noch zahlreiche Einwohner mit dem Namen Marnach, (von 85 im Jahr 1880 haben sie sich auf 137 im Jahr 1984 vermehrt), in der Gemeinde Marnach dagegen keine mehr."
aus: http://www.marnach.info/luxemburg/01MarnachundLuxemburg/cluxsiedlungsnamen.html
20. August 2007
Auf den Spuren der Ahnen: Mit dem Fahrrad von Luxemburg nach Hermannstadt
Seit Jahren fasziniert Dr. Alfred K. Schuster das Thema Reisewege im Mittelalter. So war es nahe liegend, dass er sich einmal auf den Weg machen würde, den vor 800 bis 900 Jahren „Teutones, Flandres und Wallones“ einschlugen, um in ein „gelobtes Land“, eine neue Heimat auszuwandern. In diesem Sommer war es so weit, er entschied sich für das Fahrrad. Er wollte einen Bogen spannen von Luxemburg, der Kulturhauptstadt 2007 im Westen Europas, nach Hermannstadt, in die Kulturhauptstadt im Osten, in der er vor 70 Jahren geboren wurde.
Am 4. Juni verließ ich Luxemburg, beeindruckt von dem immensen Kulturprogramm, das in der Stadt und Region geboten wird. Meine Reise führte mich nach Trier, von dort über den Hunsrück nach Mainz, wobei ich mehrere Kilometer auf der noch gut erhaltenen Römerstraße, der Via Ausonia, geradelt bin. Meine nächsten Stationen waren die mittelalterlichen Handelsmetropolen Würzburg, Bamberg, Nürnberg, Amberg, Regensburg und Passau und dann Wien. Je weiter ich nach Osten kam, umso mehr Leuten begegnete ich, die etwas über die Kulturhauptstadt Hermannstadt wussten. Ich folgte vor allem den Wegen, die einst die mittelalterlichen Städte verbanden, und nur selten dem beliebten Donau-Radweg.
Mit dem Fahrrad auf den kulturellen Spuren der Ahnen: Dr. Alfred K. Schuster
Ungarn durchquerte ich von Nordwest nach Südost, auf Nebenwegen, die Györ und die Abtei Pannonhalma (St. Martin) mit dem politischen Zentrum der Magyaren im Hochmittelalter, Szekesfehervar, verbinden. Von dort fuhr ich an die Donau, die ich bei Dunaföldvar überquerte. Ich fuhr weiter nach Südosten, besichtigte zwei Nationalparks. Ich wollte herausfinden, ob es im 11., 12. Jahrhundert möglich war, das Schwemmland und die Sumpfwälder der Theißebene zu durchqueren. Diese Frage muss ich heute verneinen. Wahrscheinlich zogen die damaligen Siedlertrecks an der Donau weiter nach Süden. Vermutlich bis zur Drau- und Theißmündung, und dann erst nach Nordosten, um an den Mieresch zu gelangen. Im 2003 neu gegründeten Kloster Morisena bei Csenad, einem ehemaligen Bischofsitz, das den Namen des 1002 in byzantinischen Schriften erstmals erwähnten alten Klosters trägt, wurde ich vom Popen zum Mittagessen eingeladen. Er sagte: „Reisende empfangen wir auch heute noch wie vor tausend Jahren“, und schränkte dann ein: „jedoch nicht Touristen, die mit dem Auto kommen“.
Am 14. Juli erreichte ich Hermannstadt und fuhr zum Hunsrück (heute Strada Centumvirilor), um einen Gruß zu überbringen, den mir Einheimische aus dem Hunsrück im Westen mitgegeben hatten. Im Gepäck hatte ich zwei weitere Grußbotschaften, eine der Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen in Deutschland und eine der Heimatgemeinschaft der Deutschen aus Hermannstadt, die ich Frau Pavel vom Demokratischen Forum der Deutschen in Siebenbürgen übergab, die beide Schreiben an Bürgermeister Klaus Johannis weiterleitete. Erfreulich war, dass mich Bischof Dr. Christoph Klein, obwohl unangemeldet, für ein kurzes Gespräch empfing.
Und Hermannstadt? Die alten Mauern erleben in diesem Sommer einen nie dagewesenen Kulturrausch. Täglich kulturelle Großereignisse auf der Bühne am Großen Ring, im Festzelt auf der Piaţa Unirii und anderswo. In den Gassen Menschen aus vieler Herren Länder mit Reiseführern in den Händen, die eines der vielen kulturellen Angebote wahrnehmen oder das vielfältige kulinarische Angebot an einem der Tische in und vor den Restaurants genauso genießen wie das bunte, fröhliche Treiben auf den Straßen und Plätzen der Stadt. Ein Sprachenbabylon schwirrt durch die Altstadt und alle, mit denen ich gesprochen habe, waren begeistert und sahen verständnisvoll über die noch existierenden Baustellen hinweg.
Mit dem Fahrrad auf dem Hunsrück in Hermannstadt.
Dass ich als Siebzigjähriger eine solche Reise unternommen habe, war nicht nur der Hermannstädter Zeitung einen Bericht wert, sondern auch der Zeitung Monitorul de Sibiu und der rumänischen Presseagentur. Radio Romania brachte ein längeres Interview über meine Reise und meine Eindrücke von meiner Heimatstadt. 41 Tage war ich unterwegs, an 31 habe ich im Sattel gesessen und die Strecke von 2 475 km bewältigt. An den restlichen zehn Tagen habe ich Kultur, Natur und Kräfte getankt. An sehr heißen Tagen (35 bis 37 Grad C) habe ich bis zu sieben Liter Wasser getrunken und wieder ausgeschwitzt.
Unterwegs führte ich viele Gespräche: auf der Straße, in Kneipen, in Klöstern und anderswo über die Kulturhauptstädte Europas 2007, aber auch über die Emigration deutscher Siedler aus Moselfranken und dem Rheinland nach Siebenbürgen. Am Ende meiner Reise bummelte ich eine Woche lang durch die Straßen meiner Kindheit und Jugend. Ich war auf den Spuren unserer Vorfahren in die Geschichte abgetaucht und erkannte am Ziel, dass meine Reise auch eine Reise in die Zukunft Hermannstadts war.
Dr. Alfred K. Schuster, Clausthal-Zellerfeld
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16 - VIANT - von "VIANDEN" (Luxembourg) ???
Vianden - Merian 1643
Viant - Vianden
Annette Viant Seekings aus Cornwall/England notierte in einem "Viant"-Ahnen-Forum zu einer Suchanzeige von mir im Juli 2010:
http://boards.ancestrylibrary.com/thread.aspx?mv=flat&m=65&p=localities.ceeurope.hungary.baranya
(Sinngemäße Übersetzung (mit Hilfe von Übersetzungsmaschinen ins Deutsche:)
"Zitat aus einer Informationsseite über den luxemburgischen Ort Vianden: Vielleicht erklärt sich so der Name Viant - auch in Österreich (Burgenland) [-Ungarn - Moson/Sopron Györ]? * (siehe Anmerkung unten).
Anno 1140 unterstützt Frederick I von Vianden den Erzbischof von Trier bei einer Fehde gegen Heinrich IV von Luxemburg. Die Dorfbewohner des Landstriches Vianden (*s. Anmerkung I), deren Häuser dabei geplündert und verwüstet wurden während der Kämpfe, folgten damals oft dem Ruf des Königs Geza II (* s. Anmerkung II) von Ungarn und emigrierten nach Siebenbürgen/Transsylvanien, wo die moselfränkische Sprache bis heute erhalten geblieben ist."
Original-Text von Annette Viant-Seekings (hortonsboa) in english:
"Quote from an information board in Vianden. Does this explain the name Viant in Austria (Burgoland)? presumably the emigrants would have taken the name as originating in Vianden.
In the 13 and 14 century the counts of Vianden, the most powerful rulers in the region between the Our River and the West Eifel, fought fiercely against the Counts of Luxembourg for predominance over the region between the Meuse and Moselle Rivers. In 1140, Frederick 1 of Vianden assisted the Archbishop of Trier in a fued against Henry 1V of Luxembourg. The villages whose houses had been pillaged and ravaged during the fights followed the appeal of King Geza 11 of Hungary and emigrated to Transylvania where the Moselle Frankish language has been preserved to this day."
Annette Viant Seekings -
(Many Thanks for this Information)
Anmerkung I:
Ansiedlung von deutschen Kolonisten in Siebenbürgen
Ab 1143 erreichten die ersten Siedler die soeben frei gewordenen Gebiete in Südsiebenbürgen; das spätere Hermannstadt im Süden, Broos im Westen sowie den Nösnergau im Norden.
Im Verlaufe des 12. und 13. Jahrhunderts wurden nun in Süd- und Nordsiebenbürgen weitere deutsche Kolonisten angesiedelt. Durch Lokatoren angeworben, kamen sie, um die leeren Gebiete zu füllen, die Grenzen zu sichern und die Wirtschaft zu beleben. Besonders aus dem Maas-Mosel-Raum, Flandern und dem Gebiet der damaligen Erzbistümer Köln, Trier und Lüttich gab es Zuzüge. In mehreren Schüben und durch Binnenkolonisation (von Primärsiedlungen aus entstanden Tochtersiedlungen) wurde das Land erschlossen.
Die Bezeichnung „Sachsen“ (Siebenbürger Sachsen) entstammt dem Lateinischen Saxones in den alten ungarischen Urkunden, womit gemeinhin die deutschen Einwanderer bezeichnet wurden, was mit ihrer Herkunft jedoch nur eingeschränkt zu tun hat.
Die deutschen Bauern und Handwerker genossen mehrheitlich die Privilegien einer Rechtsvergabe des ungarischen Königs von 1224 (Andreanum oder auch Goldener Freibrief). Die Sonderrechte galten auf dem sog. Königsboden, welchen sie besiedelt hatten und wurden ihnen in den folgenden Jahrhunderten immer wieder urkundlich bestätigt und erweitert. Die Kolonisten gründeten die bis heute wichtigsten Städte Siebenbürgens: Hermannstadt, Kronstadt, Klausenburg, Mühlbach, Schäßburg, Mediasch und Bistritz sowie viele Dörfer und Marktflecken in drei geschlossenen,aber nicht zusammenhängenden Gebieten, insgesamt ca. 267 Ortschaften.
Eine zweite größere Welle deutschsprachiger Einwanderung setzte erst zu Zeiten der Gegenreformation ein, da zu dieser Zeit in Siebenbürgen Glaubensfreiheit galt. Durch die sog. Transmigration kamen Landler, Durlacher u.a. ins Land und wurden auf dem Königsboden angesiedelt. Diese blieben jedoch weitgehend als eigenständige Kulturgruppen bestehen und vermischten sich kaum mit den ansässigen Siebenbürger Sachsen.
aus: http://www.hpgrumpe.de/rumaenien/siebenbuergen-info.htm
Anmerkung II
Géza II., König von Ungarn,
rief ab etwa 1147 deutsche und flämische Bauern, Handwerker, Kaufleute und niedere Adelige (sog. Ministeriale) in die dünn besiedelten Gebiete in Oberungarn (Zips) und Siebenbürgen (Siebenbürger Sachsen). Die Siedler kamen aus der Rhein-Mosel-Gegend (Moselfranken), aus Flandern und aus Wallonien.
(aus: http://www.bessarabia.altervista.org/deu/2ostsiedlung/3.0_ostsiedlung11.html)
23 - Moselfränkisch
Moselfränkisch in den Dialekten der Donauschwaben
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Interview mit Dr. Hans Gehl, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für donau-schwäbische Geschichte und Landeskunde Tübingen (5. März 2002)
[Die Fragen stellte Ernst Meinhardt, Redakteur bei der Deutschen Welle in Berlin]
Frage: Es gibt sechs donauschwäbische Siedlungsgebiete. Sie liegen im heutigen Rumänien, Ungarn, Serbien und Kroatien. Die Vorfahren der Donauschwaben kamen vor rund 300 Jahren aus verschiedenen Teilen Deutschlands. Der Großteil stammte aber aus dem süd-westdeutschen Sprachraum. Im Laufe der Zeit haben sich in den donauschwäbischen Siedlungsgebieten Mischmundarten herausgebildet, die teils moselfränkisch, teils rheinfränkisch, teils bairisch-österreichisch geprägt sind. Ich sage bewusst ‚Mundarten‘, also Plural, denn einen einheitlichen donauschwäbischen Dialekt gibt es genauso wenig wie einen einheitlichen bairischen, sächsischen oder saarländischen Dialekt. Im Mittelpunkt unseres heutigen Interviews soll das Moselfränkische und sein Einfluss auf die Mundarten der Donauschwaben stehen. In welchen donauschwäbischen Siedlungsgebieten ist das moselfränkische Element besonders stark vertreten?
Gehl: Obwohl moselfränkische Ansiedler sicher auch in andere donauschwäbische Sied-lungsgebiete in Ungarn gekommen sind, z. B. ins Ungarische Mittelgebirge, in die Schwäbi-sche Türkei oder in die Batschka, können ihre Spuren heute praktisch sprachlich vor allem im Banat und in Neupalota bei Großwardein (Oradea), das zum Sathmarer Gebiet gehört, ermittelt werden. In Neupalota z. B. haben sich Formen wie Jonge, wat han mer heit?, also ‚Junge, was haben wir heute?‘ erhalten. Im Banat sind es je nach den primären Mundart-merkmalen:
- Erstens die moselfränkische Mundart von Neubeschenowa, also rumänisch Dudestii Noi, weil das im heutigen Rumänien liegt.
- Zweitens moselfränkisch-pfälzische Mischmundarten, z. B. in Neupetsch und Billed.
- Drittens westpfälzisch-moselfränkische Mischmundarten, also wie gesagt je nach den pri-mären Merkmalen. Die werden gesprochen in Bogarosch, Hatzfeld, Kleinbeschnenowa, Kleinjetscha, Knees, Lenauheim, Perjamosch und Sackelhausen. Also, alles im Banat, und zwar im rumänischen Teil des Banats.
- Viertens rheinfränkisch-moselfränkische Mischmundarten in Bruckenau, Deutschsanktpeter, Jahrmarkt, Tschanad, Tschene und Warjasch. Das wären die häufigsten.
Frage: Sie haben jetzt mehrfach das Wort ‚primäre Mundartmerkmale‘ verwendet. Was ist das?
Gehl: Es sind die wichtigsten Merkmale, die einen Dialekt vom anderen abgrenzen und eben zur Eingliederung einer Dialektform, das heißt einer sprachlichen Variante, verwendet werden.
Frage: Welches sind die kennzeichnenden Merkmale des Moselfränkischen?
Gehl: Das Moselfränkische gehört schon nicht mehr ganz zum Hochdeutschen und zum Niederdeutschen. Es bildet den Übergang vom Mittel- zum Niederdeutschen. Zu seinen primären Merkmalen zählt demnach unverschobenes ‚p‘ und ‚t‘, während ‚k‘ ja überall verscho-ben ist, außer ganz im Niederdeutschen. Es geht um Beispiele wie Appel für ‚Apfel‘, Pherd für ‚Pferd‘ oder et Kleenet für ‚das Kleine‘. Ebenfalls primäre Merkmale sind dat und wat, oder unverschobenes ‚t‘; sie wurden im Banat mit oberdeutscher Hilfe beseitigt wurden, weil sie zu auffällig gewesen wären.
Weiterhin geht es um auslautendes ‚b‘, das zu ‚f‘ verschoben wird in Beispielen wie Korf ‚Korb‘, gstorf‘ ‚gestorben‘, geft, also ‚gibt‘ im Sinne von ‚wird‘, et geft geruf – ‚es wird gerufen‘, oder hen geft geruf – ‚er wird gerufen‘.
Kommen wir zu den Pronominalformen wie hen und ne für ‚er‘, oder wen für ‚wer‘. Z. B. Wen hat et gsaat? – ‚Wer hat es gesagt?‘
Weiterhin geht es um Tonerhöhung von e > i, von o > u‚ parallel zur Senkung von i > e und von u > o. Ein typisches Beispiel dafür ist der 14. Wenker-Satz, wo es heißt: ‚Mein liebes Kind, bleib da unten stehen, die bösen Gänse beißen dich tot.‘ Das hört sich so an: Me leef Kind, bleif do onnen stien, die bies Gäns beißen deich tuut. [Der Sprachforscher Georg Wenker erhob um 1870 die 42 nach ihm benannten Kennsätze mit typischen grammatischen Formen aus etwa 2000 Ortschaften des Deutschen Reichs. Zusammen mit Ferdinand Wrede verwendete er das Material für den ‚Deutschen Sprachatlas‘.]
Frage: Damals vor 300 Jahren sind die Siedler ja – grob gesagt – aus dem Südwesten Deutschlands gekommen, also auch aus Gegenden, in denen Moselfränkisch gesprochen wird, z. B. aus Lothringen, aus Luxemburg, aus der Trierer Gegend, aus der Eifel. Wie ist es zu erklären, dass diese große Zahl der Siedler nicht auch ihren Ausdruck findet im Einfluss auf den Dialekt? Also, anders gesagt, der Einfluss des Moselfränkischen auf die Dialekte der Donauschwaben ist geringer, als es der Zahl der Siedler entsprechen würde. Wie ist das zu erklären?
Gehl: Bei der Entwicklung einer Sprachform kommt es zur Mischung und zum Sprachaus-gleich erster Stufe innerhalb der Sprecher einer Ortschaft, später auch zum Ausgleich zweiter Stufe in einer ganzen Region. Wobei auch das Rheinfränkische, Schwäbische oder Bairische, in unserem Fall entsprechend das Banater ‚Schwäbische‘ durchaus nicht einheitlich sind. Das Moselfränkische der zahlreichen Banater Ansiedler war nicht einheitlich, so dass die auffälligen Merkmale wie unverschobenes ‚t‘ in dat, wat, wie gesagt, mit oberdeutscher Hilfe beseitigt wurden, und auch die anderen Merkmale nur noch zum Teil vorhanden sind. Zu beachten ist in diesem Fall der prägende Einfluss der bairisch-österreichischen, also oberdeutschen Stadtsprachen, die natürlich auf die Dorfdialekte gewirkt haben. Durchsetzen können sich nicht nur die am stärksten vertretenen, sondern die einheitlichsten und einfachsten, der Standardsprache näher stehenden Dialekte. Im Banat z. B. nicht das Schwäbische, das ja auch nach dem schwäbischen Sprachforscher Hugo Moser als schwierig erklärt wurde, sondern das Pfälzische und das Rheinfränkische. Oder in der Schwäbischen Türkei in Ungarn das Hessische. Und in der Umgebung von Budapest und im Banater Bergland das Bairische mit seinen Varianten, weil die eben einheitlicher in diesen Gebieten waren. Es sind mehrere Faktoren, die hier mitspielen, natürlich auch psychologische Faktoren.
Frage: Sie haben jetzt wieder einen Fachausdruck benutzt: ‚Sprachausgleich‘. Was ist das?
Gehl: Sprachausgleich ist die Vereinheitlichung. Das heißt, die Sprecher müssen sich ja ver-ständigen können. Und im Zuge ihres Kommunikationsprozesses bleiben nun schwierigere Merkmale weg, und es setzen sich jene Merkmale durch, die alle verstehen. Das entspricht im Großen dem Ausgleich, damit irgendwann eine mehr oder weniger einheitliche Mundart-form, also Sprachvarietät entsteht.
Frage: Gibt es Angaben über die Anzahl der Lothringer, die damals vor 300 Jahren nach Südungarn ausgewandert sind? Ein Teil der Lothringer spricht bekanntlich Moselfränkisch. Wie sieht das prozentual aus, also der Prozentsatz der Lothringer gemessen an allen Ansiedlern von damals?
Gehl: Es ist sehr verlockend, diesen Dingen nachzugehen. Aber es liegen keine genauen Zahlen vor. Trotzdem kann man annehmen, dass der Anteil moselfränkischer Sprecher in einigen Banater Ortschaften beträchtlich war. Zahlen über die Herkunft der Einwanderer er-scheinen in mehreren Ortsmonographien. So kamen ab 1748 nach Neubeschenowa 309 deutsche Ansiedler, deren Herkunft zum Großteil ermittelt ist. Und zwar kamen von ihnen 141 aus dem Rheinland, 107 aus Hauenstein/Schwarzwald, 17 aus Lothringen, 10 aus Lu-xemburg, je 3 aus der Rheinpfalz und aus Österreich, 1 Ansiedler aus Westfalen. Bei der Ausbildung der moselfränkischen Ortsmundart wurde das Alemannische und auch das Rheinfränkische zurückgedrängt, also eigentlich eine Ausnahmeerscheinung.
Oder: Von den 626 Bruckenauer Ansiedlern mit ermittelten Herkunftsgebieten kamen 212 aus dem moselfränkischen Teil Lothringens, 18 aus Luxemburg und 18 aus Westfalen. Dazu 57 aus dem Rheinland, 27 aus der Rheinpfalz, 26 aus Bayern und 16 aus Baden-Württemberg, 13 aus Hessen. Das Moselfränkische erhielt sich bloß durch Relikte in der heute nordrheinfränkisch geprägten Ortsmundart.
Frage: Sie haben zwar gesagt, dass es schwierig ist, Zahlen anzugeben. Können Sie trotz-dem einen Versuch machen, dies prozentual einzuordnen, also Lothringer stellen soundsoviel Prozent der Ansiedler dar?
Gehl: Also, das ist wirklich eine schwierige Frage. Von den rund 200.000 donauschwäbischen staatlichen und privaten Siedlern im 18. und 19. Jahrhundert sind nach Schätzungen von Josef Volkmar Senz (Geschichte der Donauschwaben, 1987) – genaue Zahlenangaben fehlen also hier – ein Drittel fränkischer, pfälzischer, hessischer und moselfränkischer Herkunft, ein Drittel bairischer und ein Viertel schwäbischer bzw. auch alemannischer und elsäs-sischer Herkunft. Die restlichen acht Prozent sind Franzosen, Italiener, Spanier und andere Ethnien. Lothringer waren etwa – würde ich sagen – etwa zehn Prozent unter den Ansiedlern. Es ist eine ganz vorsichtige Schätzung. Doch das relativiert sich, wie gesagt, im Vergleich zum Ausgleich der einzelnen Dialekte, wobei sich die Zahl verschoben hat.
Zwei Beispiele würde ich geben. Im Banater Mercydorf wurden zuerst, also im Jahre 1734, Italiener angesiedelt. Das ist eine weniger bekannte Sache. Zu diesen kamen Deutsch-Lothringer, nach dem Siebenjährigen Krieg (1756-1763) schließlich Militärsiedler aus Böhmen, Mähren und Österreich, danach westdeutsche Einwanderer vom Rhein, von der Mosel und der Saar, so dass 1774 die Moselfranken in der Mehrheit waren. In der dritten Siedlungsperiode kamen 1874 Pfälzer Kolonisten, worauf sich eine pfälzische Ausgleichs-mundart herausbildete aus den Gründen, die ich vorhin genannt habe, weil diese Mundart etwas leichter war, sich besser durchsetzen konnte.
Oder ein zweites Beispiel: Von den Ansiedlern in Hatzfeld, heute Jimbolia im rumänischen Banat, stammen 44 Prozent aus dem Raum Trier, 25 Prozent aus Luxemburg, 17 aus Westfalen, also dem Sauerland, 7 Prozent aus Lothringen, 4 Prozent aus der Pfalz und 3 Prozent aus dem Bistum Mainz Es entstand aber hier eine rheinfränkische Mundart mit starkem moselfränkischen Einfluss.
Frage: Welche Mundarten haben die Mundarten der Donauschwaben am stärksten geprägt?
Gehl: Vom Charakter einer Siedlungsmundart lässt sich nicht auf den Herkunftsort der Sied-ler, höchstens auf eine Landschaft schließen. Denn diese Dialekte entwickeln sich ja selbst-ändig und haben sich in Deutschland weiter entwickelt. Also, man kann heute nicht sagen, ‚das entspricht dem und die Siedler kamen von dort‘. Verkehrsmundartlicher Ausgleich mit dem Prestige einzelner Sprechergruppen und dem prägenden Einfluss, wie gesagt, von städtischen Umgangssprachen sind die wichtigsten Faktoren, welche die Entwicklung der Dorfmundarten bestimmt haben. Man darf nicht vergessen, 250 Jahre sind ja auch gar nicht lange für die Entwicklung einer einheitlichen Mundart. Im Siebenbürgischen z. B. hat dieser Prozess 800 Jahre gedauert. Und es sind immer noch mehrere Varianten von Dialekten vorhanden.
Im Banat hat sich trotz beachtlichen moselfränkischen Zuzugs eine rheinpfälzische Verkehrsmundart herausgebildet. Das Pfälzische hat sich wegen seines einfacheren Laut- und Formensystems durchgesetzt und die etwas schwierigeren moselfränkischen oder schwäbischen Teile in den Dialekten verdrängt. Mundarten mit schwierigerem Laut- und Formensystem setzen sich nur dort durch, wo sie stark vertreten sind und keine Konkurrenz haben bzw. von anderen Mundarten gestützt werden. Etwa das Oberschwäbische der Sath-marer Schwaben, das sich bis heute erhalten hat, das Hessische in Süd-Ungarn oder, sagen wir, das Bairische im Ofener Bergland bei Budapest und im Banater Bergland.
Frage: Die Banater Schwaben und die Sathmarer Schwaben sind aus Rumänien weitestgehend ausgewandert. Die Donauschwaben in Ungarn wurden nach 1945 mindestens zur Hälfte vertrieben. Die Donauschwaben in Jugoslawien sind geflüchtet bzw. in Konzentrationsla-gern von Josip Broz Tito umgekommen. Also, es gibt nur noch einen sehr kleinen Restbe-stand an Donauschwaben in den alten Siedlungsgebieten. Wie sieht denn die Zukunft der donauschwäbischen Dialekte aus?
Gehl: Die Zahl der sogenannten donauschwäbischen Mundartsprecher ist heute gering. Gerade nach der massiven Aussiedlung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa seit den 1980er Jahren bestehen interessanterweise noch immer gesetzliche und praktische Möglichkeiten zur Bewahrung der deutschen Muttersprache bzw. der Ortsdialekte und des Unterrichts in deutscher Sprache, vor allem in Rumänien. Natürlich werden die nicht so sehr genutzt, eben weil kein Bedarf mehr besteht und der Bedarf immer geringer wird. Doch das Deutsche wird nach der Zersiedlung und Auflösung der deutschen Sprachgemeinschaften in den früheren Siedlungsgebieten immer mehr zurückgehen, und dadurch werden die deutschen Institutionen ihre Funktion verlieren. Allerdings hat das Deutsche als Fremdsprache bzw. als Tourismussprache noch eine reelle Chance zum Fortbestehen in Südosteuropa. Deutsch wird ja, wie wir wissen, auch in Ungarn gerade als erste Fremdsprache gelernt. Ob es sich als Verkehrssprache neben dem gewaltsam vordringenden Englisch behaupten kann, das ist die große Frage. Die wenigen verbliebenen Donauschwaben könnten als Katalysator in der Bewahrung der deutschen Verkehrssprache wirken. Das ist die Feststellung, während in Deutschland die Sprecher der zweiten und dritten Generation sich natürlich der Standard-sprache und den Verkehrsmundarten des jeweiligen Gebiets, in das sie gelangt sind, wahr-scheinlich anpassen werden.
Frage: Damit haben Sie eigentlich schon eine Frage vorweggenommen. Die meisten Do-nauschwaben und ihre Nachkommen leben heute in Deutschland, in Österreich, in den USA, in Kanada, in Australien, in Brasilien, in Argentinien. Hat Donauschwäbisch eine Chance, auch dort in diesen neuen Heimatländern zu überleben?
Gehl: Wohl kaum. Es ist eben eine Familiensprache. Es wird in verschiedenen Institutionen noch gepflegt, vielleicht auch in kulturellen Darbietungen. Aber, sagen wir z. B. Entre Rios, diese Siedlung der Donauschwaben in Brasilien, im Bundesstaat Parana, die wird ja auch zu Portugiesisch übergehen, weil die Heirat zwischen den einzelnen Familienmitgliedern mit auswärtigen Partnern dazu führt, dass das Portugiesische vordringt, in Ungarn das Ungari-sche, in Rumänien wohl das Rumänische. Also, in dem Sinne werden sich diese Dialekte nicht mehr erhalten, denn es besteht keine Notwendigkeit mehr, dass sie sich als solche erhalten werden.
Frage: Und im ehemaligen Jugoslawien, sagen wir das noch dazu, also in Serbien und Kroa-tien, ist wahrscheinlich der donauschwäbische Dialekt, ich nenne das jetzt in Anführungsstrichen so, im Laufe der letzten fünfzig Jahre durch Ungarisch, durch Serbisch, durch Kroatisch verdrängt.
Gehl: Na ja, mit denen ich sprechen konnte, hat man das schon gesehen, dass die Enkel z. B. ein Lied wie ‚Hänschen Klein‘ in der Schule lernen, aber in Standardsprache. Der Dialekt als solcher wird nicht mehr gepflegt. Manche Leute verstehen ihn noch. Er kann auch ein bisschen gefördert werden. Aber er hat in dem Sinne keine Zukunft. Man denke bloß daran, dass in Serbien vielleicht noch 8.000 Überlebende von den Donauschwaben vorhanden sind, in Kroatien 4.000 bis 5.000 vielleicht. Das ist eine Zahl, die nicht aussagekräftig ist und nicht dafür stehen kann, dass diese Mundartvariante sich weiter erhält.
Frage: Wann wird Ihrer Schätzung nach der letzte donauschwäbische Mundartsprecher verschwinden?
Gehl: Sprecher – das kann man wohl voraussagen. In zehn bis höchstens zwanzig Jahren schätze ich mal, dass man nicht mehr diese Mundartvariante spricht. Aber eben die Erinne-rung, dass man einer Ethnie angehört oder angehört hat, die etwas Besonderes hat, die wirkt wohl nach. Es sind bestimmte kulturelle Einflüsse, die bei den Nachfolgegenerationen dazu führen werden, dass sie sich für ihre Geschichte interessieren. Und es ist interessant, dass sie auch Beziehungen knüpfen zu den jeweiligen Ländern, aus denen ihre Vorfahren kamen. Das ist interessant für die Beziehungen zwischen den Ländern. Und auch in Zukunft wird das wohl so weitergehen. Aber die Sprache an sich ist nicht mehr gefragt und wird wohl aussterben.
Frage: Herr Dr. Gehl, Sie sind Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für donauschwäbi-sche Geschichte und Landeskunde in Tübingen. Wann, von wem und mit welchem Ziel wur-de dieses Institut gegründet?
Gehl: Das Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde wurde vom Land Baden-Württemberg am 1. Juli 1987 als eine nachgeordnete Forschungseinrichtung in Tübingen gegründet mit dem Ziel, die Geschichte, Landeskunde und Dialekte der deutschen Siedlungsgebiete in Südosteuropa sowie die Integration der Heimatvertriebenen wissen-schaftliche zu erforschen und zu dokumentieren.
Frage: Wer finanziert das Institut?
Gehl: Das Institut wird vom Innenministerium des Landes finanziert und gehört, wie das Jo-hannes-Künzig-Institut für ostdeutsche Volkskunde in Freiburg, zur Kulturabteilung des In-nenministeriums Baden-Württemberg.
Frage: Was hat Sie veranlasst, sich gerade mit dem Kapitel Mundartforschung zu beschäftigen?
Gehl: Das mag für Außenstehende vielleicht ein bisschen ungewöhnlich klingen. Mein Forschungsbereich am Institut für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde sind die Dialekte und Volkskunde, also Ethnographie, die eng miteinander verknüpft sind. Sprache gehört zum Leben einer Ethnie. Und die Kenntnis einer Sprache bzw. sprachlichen Varietät ermöglicht den Zugang zum Leben und der Arbeit ihrer Sprecher. Mit meinem eigenen südfränkischen Heimatdialekt beschäftigte ich mich schon während der Studienzeit an der Universität Temeswar (Timisoara). In meiner Dissertation untersuchte ich den Fachwortschatz der Landwirtschaft in den oberfränkischen Mundarten des Banats, also im nördlichen Teil um Arad. Und da die Projekte der Mundart-Wörterbücher weder in Temeswar noch in Budapest realisiert wurden, wo man jahrzehntelang daran gearbeitet hat, also vorgab zu arbeiten, müsste man heute sagen, führe ich am Institut hier in Tübingen als wichtigstes Vorhaben die Erarbeitung eines Fachwortschatzes der donauschwäbischen Dialekte durch. Davon ist 1997 der erste Band, nämlich ‚Wörterbuch der donauschwäbischen Bekleidungsgewerbe‘ erschienen, also Verarbeitung von Textilien und Leder zu Bekleidungsstücken. Im Jahre 2000 erschien Band 2 ‚Wörterbuch der Baugewerbe‘ bzw. jene Gewerbe, jene Fachgruppen, die sich mit Holz-, Stein- und Metallbearbeitung beschäftigen. In diesem Jahr (2002), bis Herbst nehme ich an, schließe ich den dritten, äußerst komplexen Band über den Fachwortschatz der donauschwäbischen Landwirtschaft mit all ihren Besonderheiten ab. Und 2004 soll der vierte und letzte Band, nämlich über donauschwäbische Lebensformen und interethnische Beziehungen mit den benachbarten Ethnien abgeschlossen werden. [Er ist wirklich 2005 erschienen.] Diese Wörterbuchreihe ermöglicht einen Überblick über das Leben und die Arbeit der Donauschwaben in ihren ostmitteleuropäischen Siedlungsgebieten und will versuchen, das ‚Donauschwäbische Wörterbuch‘, das nicht erstellt werden konnte in den Siedlungsgebieten, hier noch einmal zusammenfassend darzustellen.
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